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Net Working Capital - Referenzbeispiel (Bsp. 1): ein idealtypisches, produzierendes Unternehmen

Ausgangspunkt für unsere Betrachtung der Net Working Capital-Entwicklung bei verschiedenen Sachverhalten ist die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung eines idealtypischen, produzierenden Unternehmens.

Bilanz – idealtypisches Unternehmen:
Aktiva Passiva
Anlage­vermögen1 000
Umlauf­vermögen1 000
Vorräte350
Forderungen (LuL)200
sonstige Forderungen210
Zahlungsmittel240
  
Eigen­kapital400
Fremd­kapital1 600
Rück­stellungen350
Darlehen500
kfr. Verb. ggü. Kreditinstituten50
erhaltene Anzahlungen0
Verbindlichkeiten (LuL)100
sonstige Verbindlichkeiten600
2 0002 000

Natürlich kann es das eine idealtypische Unternehmen nicht geben, da es auch immer von der jeweiligen Betrachtungsweise abhängt, was idealtypisch ist. Das Refenzbeispiel in unserer Betrachtung hat jedoch einige Eigenschaften, die einem idealen bzw. durchschnittlichen Unternehmen zugeschrieben werden. Beispielweise werden eine in Europa häufig anzutreffende Eigenkapitalquote von etwa 20 % und eine nach Meinung einiger Autoren „sehr gute“ Liquidität 3. Grades von 133 % erreicht.

Gewinn- und Verlustrechnung – idealtypisches Unternehmen:
+Umsatzerlöse2 400
+Bestands­veränderungen0
=betriebliche Leistung2 400
-Materialaufwand900
-Personalaufwand1 000
-andere Aufwendungen210
-Abschreibungen200
=Betriebsergebnis (EBIT)90
-Zinsen30
=Jahresüberschuss60

In der Ausgangssituation befindet sich das Unternehmen in einer stabilen Situation. Die Umsatzerlöse sind sehr gleichmäßig. Die Produktionskapazitäten passen zur Verkaufsleistung, sie sind ausreichend ausgelastet und es wird genau die Menge produziert, die auch verkauft wird. Die Gewinnsituation ist mit einer Eigenkapital­rendite von 15 % und einer Gesamtkapital­rendite von 4,5 % gut.

Kennzahlen:
Working Capital250
Net Working Capital10
Liquidität 3. Grades133 %
 
Eigenkapitalquote20 %
Eigenkapitalrendite15 %
Gesamtkapitalredite4,5 %
Umsatzrendite2,5 %

WC / Umlauf­vermögen25 %
Δ Net Working Capital±0
Cash Flow nach Dividente0

Bei der Betrachtung der Kennzahlen Net Working Capital, Liquidität 3. Grades, Eigenkapitalrendite, Gesamtkapitalrendite und Eigenkapitalquote kann einem potentiellen Investor für das Unternehmen nur eine Empfehlung ausgesprochen werden. Betrachtet man sich aber die Umsatzrendite, so erreicht das Unternehmen lediglich 2,5 %. Ein solch niedriger Wert bietet nur wenig Spielraum, wenn Marktschwankungen auftreten und die Umsätze zurückgehen. In einigen Branchen können schnell auch 5 % oder 10 % (=120 G bzw. 240 G) Umsatzrückgang entstehen. Solche Rückgänge wären nur schwer auszugleichen. In vielen Unternehmen ist nur etwa die Hälfte des Umsatzrückgangs über Kosteneinsparungen, bspw. im Materialaufwand, ausgleichbar. Üblich sind im produzierenden Gewerbe eher Umsatzrenditen von 5 % bis 10 %. Ein Wert von 2,5 % kann aber auch vollkommen ausreichend sein. In einigen Branchen, wie dem Lebensmittel-Einzelhandel, sind sogar Umsatzrenditen von etwa 1 % üblich. Das bedeutet, dass einige Unternehmen in dieser Branche mit Umsatzrenditen im Promille-Bereich arbeiten. Aldi, gegründet 1913, arbeitet mit Umsatzrenditen von etwa 2 % bis 4 %. Die früheren Eigentümer, die Brüder Albrecht, wurden vom kleinen Tante-Emma-Laden-Besitzer zu den reichsten Menschen in Deutschland und gehörten mit zu den reichsten Menschen weltweit. Aldi hat allerdings auch eine Warenumschlagsdauer von 10 Tagen, wodurch die Lieferanten faktisch sogar den aggressiven Expansionskurs finanziert haben. Offensichtlich ist es also auch mit niedrigen Umsatzrenditen möglich, ein stabiles Unternehmen zu haben, mit dem sich viel Geld verdienen lässt.

In unserem Beispiel liegt auch der Umsatz relativ hoch, wodurch die Umsatzrendite relativ niedrig ist. Der Umsatz liegt meist in der Größe der halben bis ganzen Bilanzsumme.